Standort & Funktion
Versteckt im dichten Wald unweit der gigantischen
Duga-Radarstation
befand sich die abgeschirmte Militärsiedlung Chernobyl-2.
Sie diente als Wohn- und Versorgungsort für das Personal des sowjetischen Frühwarnradarsystems –
und als Zuhause für deren Familien
(Quelle).
Herzstück dieser kleinen Gemeinschaft war die Military High School,
ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche von Militärangehörigen unterrichtet wurden.
Hier wurde Mathematik gelehrt, Musik gespielt und der Alltag einer verborgenen Stadt gepflegt –
mitten im Zentrum militärischer Geheimhaltung
(Quelle).
Die Schule war Teil einer voll ausgestatteten Infrastruktur: Wohnblöcke, Kindergarten, Kino, Sporthalle und Klinik – eine autarke Stadt, die auf keiner Karte erschien (Quelle). Trotz der militärischen Strenge herrschte hier ein Hauch Normalität. Kinder zeichneten, sangen und lernten das kleine Einmaleins, während draußen Soldaten unter dem stählernen Blick der Duga-Antenne ihren Dienst versahen. Die Schule verband das Menschliche mit dem Strategischen – sie war der leise Gegenpol zur Macht der Technik.
Am 26. April 1986 änderte sich alles. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl traf auch Chernobyl-2. Innerhalb weniger Stunden wurde die gesamte Bevölkerung evakuiert. Schulbücher blieben aufgeschlagen, Porträts großer Komponisten an den Wänden, Pinselgläser auf dem Lehrertisch (Quelle). Seitdem liegt das Gebäude still – eine Schule ohne Kinder, ein Lehrplan ohne Schüler. Die Natur hat längst das Kommando übernommen: Farn wächst aus den Fluren, Vögel nisten in ehemaligen Klassenzimmern.
Heute ist die Military High School ein Ort zwischen Vergangenheit und Verdrängung. Durch zerbrochene Fenster fällt das Licht auf Karten der Sowjetunion, auf Notenblätter und kleine Holzstühle. Jeder Raum wirkt wie ein eingefrorener Moment – so, als hätte jemand den Pausengong gestoppt, während die Welt draußen zerbrach (Quelle, Quelle).
Als ich 2017 dort stand, lag über allem eine merkwürdige Ruhe. In der Sporthalle hörte man nur das Tropfen von Regen, in der Musikklasse den Wind, der durch zerrissene Vorhänge strich. Die Atmosphäre war fast surreal – als würde die Schule noch warten, dass jemand die Tür öffnet und der Unterricht weitergeht. Diese Galerie erinnert an diesen Ort zwischen Kontrolle und Kindheit, Disziplin und Zerfall – ein stilles Kapitel hinter dem mächtigen Radar von Duga.
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